Im Mai besuchten wir das Hospiz „Zum guten Hirten“ in Rotenburg/Wümme und wurden dort von der Hospizleiterin Kathrin Harms und ihrer Kollegin Laura Badenhop freundlich in Empfang genommen.
Wir erhielten einen umfassenden Einblick in die Arbeit und das Leben im Hospiz. So wird dort nach dem Pflegemodell von Miriam Püschel gearbeitet. Dieses steht für die Haltung: „Wie kommunizieren wir und wie stellen wir die Bedürfnisse und Wünsche der Gäste fest, um diese dann umsetzen zu können. Egal was es sein mag: Akzeptieren und annehmen.
Im Hospiz, das am 1.6.2021 eröffnet wurde, ist Platz für 9 Gäste, die von 25 angestellten Mitarbeiter*innen betreut werden. Im pflegerischen Bereich ist die Frühschicht mit 3, die Spät- und Nachtschicht mit jeweils 2 Mitarbeiterinnen besetzt. Daneben unterstützen 18 Ehrenamtliche, (das ist ein Geschenk, so Frau Harms) z. B. beim Abendbrotdienst oder bei der Blumendeko.
Das Frühstück und das Mittagsessen wird immer frisch von 2 festangestellten Mitarbeiterinnen zubereitet. So können individuelle Wünsche und Vorlieben der Gäste berücksichtigt werden, denn es geht an diesem Ort nicht mehr um Ernährung sondern um Genuss. Auch Zugehörige können nach Absprache dort selbst etwas zubereiten.
Erstmalig werden die Ehrenamtlichen mit dem ambulanten Hospizdienst Rotenburg zusammen ausgebildet.
Es finden verschiedene Veranstaltungen statt, um Leben ins Haus rein bekommen, so z. B. ein Sommerfest, Weihnachtsprogramm oder ein Besuch von einem Pony. Im Rahmen der Trauerbegleitung soll zukünftig dreimal jährlich ein Erinnerungstreffen für die Zugehörigen angeboten werden. Einmal im Jahr findet ein Abschiedsgottesdienst mit Angehörigen und Mitarbeitern statt, bei dem den Gästen, die in dem Kirchenjahr verstorben sind, gedacht wird.
Das Hauses ist offen für alle, für Christen, Muslime oder Andersgläubige. Man stehe den Ritualen und Gebräuchen aller Kulturen offen gegenüber und könne dies auch in den meisten Fällen umsetzen.
Voraussetzung für die Aufnahme im Hospiz ist das Vorliegen einer unheilbaren Erkrankung, die absehbar zum Tod führen wird und eine bestehende Hospizbedürftigkeit, die durch den behandelnden Arzt attestiert worden ist. Dies können sein: onkologische Erkrankungen, Herz-Kreislauf- oder neurologische Erkrankungen. Die Durchschnittsverweildauer im Hospiz beträgt 23 Tage. Es können Menschen ab dem 27. Lebensjahr aufgenommen werden.
Die Coronazeit macht sich auch auf der Warteliste bemerkbar. Viele sind nicht zum Arzt gegangen. Bei jungen Leuten kommt es zu einem rasantem Verlauf und viele Menschen, kommen erst sehr spät. Es gibt Anfragen auch aus anderen Bundesländern. Bei der Aufnahme wird nicht nach der Reihenfolge auf der Warteliste sondern vielmehr nach Dringlichkeit entschieden – ambulant vor stationär.
Die Kosten des Hospizes werden zu 95 % von den Krankenkassen getragen. 5 % muss das Hospiz selbst aufbringen. Dies geschieht über Spenden, erfordert damit viel Öffentlichkeitsarbeit, wobei dabei auch die Themen „Tod und Sterben“ in die Welt getragen werden.
Als wir das Haus betraten, stand am Eingang eine brennende Kerze. Dies ist ein Zeichen dafür, dass ein Gast verstorben ist. Der Verstorbene bleibt noch einen ganzen Tag in seinem Zimmer, damit sich alle, die es wünschen, in Ruhe und Würde verabschieden können. Der Sarg wird nicht heimlich durch einen Hinterausgang herausgetragen, sondern durch den Haupteingang, durch den der Gast auch gekommen ist. Hierbei wird er von den Mitarbeitern des Hospizes begleitet.
Der anschließende Rundgang durch die Räumlichkeiten bewies das durchdachte Konzept. Grundlage für das räumliche Konzept war das Hospiz „Zugvogel“ in Sulingen, das im Mai 2018 eröffnet wurde. Ergänzt um eigene Ideen und Bedürfnisse entstand daraus das Hospiz „Zum guten Hirten“.
Da gibt es neben den Gästezimmern einen gemütlichen Pausenraum für die Mitarbeiter*innen, einen Hauswirtschaftsraum, in dem auch Gäste und Zugehörige aktiv werden dürfen, ein Badezimmer mit einer komfortablen Sitz-/Liegebadewanne, die über einen seitlichen Einstieg mit hochklappbarer Tür verfügt und die sanft geneigt werden kann.
Die Gästezimmer sind immer mit einem Pflegebett, Schrank, Fernseher und Ohrensessel ausgestattet und haben direkten Zugang zu Terrasse und Garten. Eigene Möbelstücke und Bilder können mitgebracht werden. Jedes Zimmer hat eine eigene Klimaanlage.
Der geschützte Innenhof lädt zum Verweilen ein. Dieser ist wie alles im Haus auch mit dem Bett erreichbar.
In dem großen lichtdurchfluteten Gemeinschaftsraum mit offener Küche wird auch das Essen zubereitet.
Im Haus sind viele gemütliche Sitzecken platziert. Es gibt eine Spielecke, um für ein bisschen Normalität für Kinder zu sorgen. Die Spielecke ist neben Spielsachen bestückt mit gespendeten handgemachten Dingen aus dem Erzgebirge und selbst gehäkelten Figuren.
Ein besonderer Raum ist der „Raum der Stille“, der eine Wärme ausstrahlt, die beim Eintreten sofort spürbar ist. Dieser Raum ist ein ruhiger Rückzugsort für alle Menschen im Hospiz.
Sogar an Anschlüsse für Camper wurde gedacht. Wenn Angehörige ihren Partner, Freund oder Verwandten besuchen möchten, so können sie in dem Angehörigenzimmer, im Zimmer des Gastes selbst oder im Wohnmobil übernachten.
Das Haus ist so konzipiert, dass die Option für eine Erweiterung um 2 Zimmer besteht. Es laufen Planungen für den Bau eines Hospizes im Landkreis Verden. Derzeit sei man auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück. Der Bedarf sei eindeutig vorhanden.
Es war ein sehr interessanter und informativer Besuch und wir danken Frau Harms und Frau Badenhop herzlichst für den offenen Austausch.