Mitgegeben auf den Weg

15. Juni 2024

Wir stehen am Klavier in der leeren Kirche. Die Organistin beginnt zu spielen. Ihre Finger gleiten über die Tasten. In jedem Ton mehr als das, was erklingt. Und die leere Kirche füllt sich. Mit Musik und Gefühl und Worten, die mir seit Monaten gefehlt haben – besonders seit der Veröffentlichung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der ev. Kirche. Ich ringe, um das, was Betroffene erleiden mussten und noch immer müssen. Da, wo doch ein Schutzraum sein sollte. Wo Machstrukturen Entsetzliches ermöglichen, wo weggehört und weggesehen wird.
Wo, so hoffe ich wirklich, unsere Kultur sich wandelt hin zum Zuhören, Hinsehen, Türenöffnen und präventivem Handeln. Ich glaube, der Schutz der Institution darf nicht über allem stehen, vielmehr der Schutz der Betroffenen. Das geht uns alle an. Ich glaube, das können wir nicht allein, sondern nur in der Hinwendung zu Betroffenen. Und zu Gott.
Wir stehen am Klavier in der jetzt angefüllten Kirche. Angefüllt mit Musik und Gefühl und Worten, die für mich Gebet werden. Vielleicht beten wir gemeinsam?
Gott geh mit, wo wir stolpern, straucheln, zagen, wo uns Angst lähmt zu versagen, weise uns den Weg. Gott geh mit, wo wir zweifeln, hadern, ringen, wo wir nichts zustande bringen, weise uns den Weg. Gott geh mit, wo wir suchen, forschen, fragen, wo wir Misserfolg ertragen, weise uns den Weg. Gott, geh mit, ermutige uns, Gott, Schritt für Schritt. Lass in deinem Licht uns gehen, lass uns deine Spuren sehen. Weise uns den Weg, Gott, geh mit. (aus: freiTöne 200)

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